"Stelzengolf", "Bling - ins - Feld", "Kinder Country": Die Liste seiner Spott - Namen war fast so lang wie die Mauer. Autor Knut Simon beschreibt in der Ausgabe Nr. 10/2015 der Auto Bild Klassik das Werden des Wald - und Wiesen - Golfs.
"Sie sagten, der Golf Country sei Ernst Fialas letzte Schnapsidee", sagt Ernst Fiala. Dann lacht er am Telefon. Das fühlt sich ein wenig an wie "Ist schon recht so", aber gut findet er seinen Golf Country noch immer. Und es ist und bleibt sein Golf Country.
Als VW ihn 1990 präsentiert, ist Grenzen überwinden der neue Volkssport der Europäer. Überall fallen die Schranken zwischen Ost und West. Dass die Mauer in den Köpfen noch ein ganzes Weilchen länger stehen würde - geschenkt. Das hier ist das neue Jahrzehnt! Es verspricht Freiheit für die Menschen. Und den Handel. Millionen potenzieller neuer Kunden warten sehnsüchtig auf neue Produkte. Und der Westen liefert sie. Ganz hoch im Kurs stehen - Autos!
Volkswagen übernimmt dabei eine Sonderrolle. Das Stammwerk Wolfsburg liegt nur einen Steinwurf von der deutsch - deutschen Grenze entfernt, und der Konzern ist in der DDR längst tätig: Kompensationsgeschäfte. Man hat gute Kontakte nach drüben. So fällt in den April 1990 nicht nur die Markteinführung des Golf Country, sondern auch der Polo - Produktionsstart im VW Werk Mosel/Zwickau. 1990 ist der Golf Country eigentlich schon zwei Jahre alt, jedenfalls die Idee dazu. Die hatte der eingangs erwähnte Ernst Fiala, damals Volkswagen - Entwicklungsvorstand. Noch heute erinnert er sich ganz genau daran, wie er die Entwicklung des Land Rover verfolgte und dessen erweiterte Marktdurchdringung in Form des luxuriösen Range Rover. Die Modellgrenzen begannen bereits um 1980 aufzuweichen. Stichworte: AMC Eagle, Matra - Simca Rancho. Fiala ließ das keine Ruhe. Es dauerte zwar noch ein wenig, aber im Frühjahr 1988 ging dann alles ziemlich schnell: "Es brauchte ganze sechs Monate, um den Golf Country auf die Beine zu stellen."
Fotos: Günter Poley/poleyroid #knutsimon #autobildklassik